Richtig los geht es am Donnerstag, geplante Abfahrt 13:10 Uhr, wir treffen uns kurz vorher in der Bahnhofshalle. Mit Erik, unserem Schneeschuh-Guide, sind wir zu acht. Auf dem Vortreffen vier Wochen vorher wurde besprochen, dass wir mit der Bahn fahren. Unsere Fahrt soll über Basel, Zürich, Landquart, Küblis und schliesslich mit dem Bus nach St. Antönien gehen. Wir nutzen die Zeit im Zug und Erik erklärt uns schon einiges über Lawinen, Berge und Schnee. Landkarten werden herausgekramt und die Lage besprochen.
In Küblis ist es bereits dunkel als wir auf den Bus umsteigen müssen. Bislang hatten wir noch nicht viel Schnee zu sehen bekommen, aber je höher sich der Bus den Berg hochschraubt, desto höher wird auch der Schnee draussen. Nach ca. 20 Minuten erreichen wir das Hotel. Hubert, unser Gastwirt steht schon vor der Tür und begrüßt uns herzlich. Wir bekommen zwei Zimmer, ganz komfortabel mit Küchenzeile und Dusche!
Kurz nach der Ankunft gibt es Abendessen, danach die erste Tourenplanung. Wir haben die Karten vor uns liegen, da es viel geschneit hat, war bislang Lawinenwarnstufe 4. Im Laufe des Donnerstages wurde dies aber dann auf LWS 3 heruntergestuft. Unter diesen Bedingungen sollten wir uns eine Tour für den Freitag überlegen und diese der Gruppe vorstellen. Eifrig werden Wege diskutiert und Gefahrenlagen besprochen.
Am nächsten Morgen ist dann frühes Aufstehen angesagt, 7 Uhr Frühstück, 8 Uhr stehen wir (fast) pünktlich vor der Tür. Es ist ziemlich kalt, -12 Grad sind angekündigt, aber der Tag wird sonnig. Wir lernen wie man einen Gruppen-Check durchführt, die Funktionsfähigkeit der LVS-Geräte überprüft und dann marschieren wir los, Richtung Skipiste. Dort werden zum ersten Mal die Schneeschuhe angezogen und wir gehen die Ski-Piste hoch. Dabei wird es einem schon mal richtig warm, so dass eine erste Umziehpause gemacht wird.
Der geplante Winterwanderweg durch den Wald ist gesperrt und es wird beraten, ob wir da trotzdem gehen dürfen oder nicht. Wir dürfen und da hier noch niemand vorher war, liegt der Schnee sehr hoch. Der erste muss spuren und wir realisieren, wie kräfteraubend es ist, an erster Stelle zu gehen. Nach einiger Zeit treffen wir auf eine Spur und von da aus geht es leichter.
Unser erstes Ziel ist die jetzt leerstehende Kuhalp Valpun, vor der wir Pause machen. In dieser Zeit bereitet Erik mit zwei Gruppenmitgliedern die erste LVS-Übung vor. Unsere Aufgabe ist es, mit Hilfe unserer Lawinensuchgeräten die „Verschütteten“ ausfindig zu machen und ihre genaue Lage zu sondieren. In Zweiergruppen laufen wir mit den Geräten, Sondierstange und Schaufel durch den Schnee und versuchen möglichst schnell die Stellen zu finden. Natürlich sind nur Rucksäcke mit Sendegeräten vergraben, aber es wird einem schon bewusst, dass alles sehr schnell gehen muss. Nach einiger Zeit ist Erik auch zufrieden mit uns und wir dürfen die Rucksäcke ausgraben.
Dann geht es weiter zu unser eigentlichem Tagesziel, über das Chlei Chrüz (2103 m) zum Chrüz (2196 m). Es waren Gruppen schon vor uns da, so dass wir eine Spur finden.
Nach einer Gipfelpause geht es abwärts, unterwegs werden Wege betrachtet und ihr Gefährlichkeitsgrad diskutiert. Spätnachmittags sind wir wieder im Hotel, nach dem Abendessen wird die Tour besprochen und der nächste Tag geplant. Wieder wird der Lawinenlagebericht angesehen und die Karte zu Rate gezogen. Es sieht gut aus und wir wollen morgen eine Wanderung über den Gipfel des Eggberg machen.
Am nächsten Morgen geht es wieder zeitig los, es ist nicht mehr so kalt. Nach einem kurzen Marsch auf der Strasse steigen wir, wie geplant, an einem Hang in einen nicht erkennbaren Weg ein. Es ist nichts gespurt, die schneebedeckte, unberührte Landschaft sieht bezaubernd aus. Allerdings ist es auch sehr anstrengend, durch den tiefen Schnee den Berg hoch zu gehen. An der Spitze muss ständig gewechselt werden, dabei wird auch der weitere Weg kurz diskutiert. Es ist schon beeindruckend, wie sich nach ein paar Metern wieder neue Einblicke ergeben.
Auf dem Gipfel ist es leider bewölkt, die Sicht ist nicht gut. Pause machen wir trotzdem. Der Abstieg geht bei anfangs schlechter Sicht durch tiefe unberührte Schneefelder. Es ist heftig, wie tief man trotz der Schneeschuhe noch einsinkt. Wir kommen an der Strasse wieder raus und laufen über diese zum Hotel zurück. Der morgige Sonntag soll nochmal zur Lawinenverschütteten-Suchübung dienen.
Über Nacht hat es geschneit und es schneit weiter, bei Temperaturen um den Gefrierpunkt. Pünktlich 8 Uhr machen wir uns morgens wieder auf, Ziel ist die Alp Gafia, an der wir gestern beim Abstieg vom Eggberg schon vorbeikamen. Es schneit so stark, dass wir kaum unsere Spuren vom Vortag sehen. Wieder ist das Spuren sehr anstrengend, man sieht auch kaum etwas von der Landschaft. Der erste in der Gruppe bekommt das zu spüren, als er in ein Bachbett tritt und plötzlich bis zum Hals im Schnee steht. Es ist nicht so einfach, da wieder herauszukommen.
Weiter geht es bis zur Hütte, wo wir heute die Suche nach mehreren Verschütteten trainieren. Erik bittet uns, hinter der Hütte zu warten, er hat noch etwas zu erledigen. Plötzlich kommt er gesprungen, spielt einen Verzweifelten, dessen Freunde von einer Lawine verschüttet wurden. Wir eilen alle zu Hilfe, versuchen alles umzusetzen, was wir gelernt haben. Erik macht Hektik und Aufregung und versucht uns alle durcheinander zu bringen. Es fühlt sich fast realistisch an, jedenfalls kann man sich gut vorstellen, wie es in einer Notsituation aussehen mag.
Schliesslich machen wir uns auf den Rückweg, es schneit immer noch kräftig. Unsere Spur vom Vormittag ist kaum noch zu sehen, der Schnee ist wieder ziemlich hoch. Im Hotel angekommen können wir netterweise unsere nassen Klamotten wechseln. Der Bus fährt noch, allerdings ist schon ein kleinerer Bus im Einsatz. Pünktlich erreichen wir den Bahnhof, allerdings steht hier ein Zug mit Verspätung in unsere Richtung und wir steigen kurzerhand in diesen Zug ein. Es gibt Probleme auf der Strecke, unser Zug bleibt nochmal auf der Strecke stehen. Glücklicherweise erwischen wir aber Anschlusszüge und sind, wie geplant, abends um 22 Uhr in Karlsruhe.
Am nächsten Tag erfahren wir, dass zwei Stunden nach uns die Strasse nach St. Antönien wegen eines abgegangenen Schneebretts gesperrt wurde. Glück gehabt und ein anstrengendes lehrreiches Wochenende! Vielen Dank an Erik für die super Planung und die ganzen Informationen! Das Hotel war auch sehr gut, sehr freundlich und das Abendessen war jeden Tag sehr lecker, manchmal sogar mit Nachschlag.
Gabi Schulz