DAV Streckenwanderung in den Ostalpen – Der Karnische Höhenweg 19. - 24. Juli 2021
Dass der DAV Karlsruhe Anfang des Jahres inmitten der Corona bedingten Unsicherheiten Wanderungen anbietet, ist sehr erfreulich. Speziell die Höhenwanderung in den karnischen Alpen hat es mir angetan: sie soll in 6 Tagesetappen vom Plöckenhaus nach Thörl-Magern führen und lockt mit „großartigen Landschaftsvariationen“.
Das Ungewöhnliche auszuprobieren, sich mit Gleichgesinnten auf diesen Weg einzulassen, Tag für Tag und Schritt für Schritt, bereit und offen, für alles, was da kommt, ist in dieser Zeit, eine aufregende Perspektive. Wird es aber dazu kommen?
Tatsächlich, ja! Am Sonntag, dem 18.07 ist es soweit, die meisten von uns fahren mit dem Zug nach Oberdrauburg, was bedingt durch Unwetterschäden auf der Strecke, zu einer ganztägigen Odyssee besonderer Art wird.
Am nächsten Morgen beginnt beim Plöckenhaus mit dem allerersten Schritt diese aufregende Tour, die uns Neun, einander noch weitgehend unbekannt, Matthias, Jutta, Wolfgang, Katja, Stefan, Heike, Robert, Andreas und Heidi, schon bald zu engen Weggefährten der nächsten 6 Tage zusammenfügt. Wir werden ab heute nicht selten 20 km am Tag laufen, 1000 Hm ersteigen, in ihrer Vielfalt immer wieder überraschend neue, aufregende Wegabschnitte erwandern und grandiosen Ausblicke genießen.
Bei durchgehend sonnigem Wetter beginnen wir 8 Uhr morgens meist noch auf gemütlichen, idyllischen Pfaden, kommen durch üppig blühende Alm Wiesen, in denen sich das Goldgelb der Arnika mit tiefem Blau der Enziane, kräftigem Rosa der Alpenrosen und dem Weiß der Anemonen mischt. Wir wandern, vorbei an idyllischen Seen, durch „Nassfelder“, in denen sich wie ein weißes, weiches Meer sanft das Wollgras wiegt.
Steile, durchaus schweißtreibenden Aufstiege bringen uns auf höher gelegene Sattel und auch Gipfel, von wo aus sich ein atemberaubendes Panorama auf die umliegenden Gipfel erschließt. Wir werden hüfthohe Sauerampfer Regionen durchqueren und Latschenlabyrinthe, an steiler Gebirgsflanke felsigen Pfaden folgen und müssen auch einmal ein Geröllfeld mit meterhohen Felsquadern überwinden. Wir sehen Murmeltiere und drei Adler, große Rinderherden, Ziegen und edle Pferde, die ihre Stärke und Energie hier in freier Wildbahn voll ausleben dürfen.
Immer wieder nehmen wir uns Zeit, all das Wunderbare zu bestaunen. Es ist unmöglich all dies Viele festzuhalten, es gilt immer wieder loszulassen, um für das nächste, überwältigend Schöne bereit zu sein.
Und bei jedem Schritt wächst die Gemeinschaft ein kleines Stückchen mehr zusammen. Auf den geraderen Strecken teilt man mit der Einen oder dem Anderen ein Stückchen Erlebtes, Erkanntes. Wir werden zur großen Familie, wo jedes Mitglied seinen eigenen ganz besonderen Platz hat, wir lernen Hilfsbereitschaft, Frohsinn, Optimismus, Beharrlichkeit, Schweigen und Reden der jeweils anderen Acht schätzen.
Und man lernt auch sich selber kennen, weiß die Blasen zu pflastern, die Knie zu schonen, durchsteht, getragen von der Gruppe, Momente der Erschöpfung. Vor allem aber darf man erstaunt auch immer wieder erleben, wie viel Durchhaltekraft und Stärke in einem steckt, so dass auch der längste und ermüdendste Weg bewältigt werden kann, was einen am Ende mit größten Glücksgefühlen belohnt!
Unsere Unterbringung ist so vielseitig wie auch der Weg: wir werden in italienischen „Refugiums“(Berggasthöfe) übernachten, in urigen, „echten“ Käsealmen, sogar im Hotel; wir werden uns meist mit mehreren Menschen das Zimmer und die oft einzige Dusche und Toilette teilen und dürfen in den Nächten nebst magischem Vollmond auch an einzigartiger Klangerfahrung teilhaben.
Wir lernen in den Bewirtschaftern der Hütten Menschen kennen, die aus Leidenschaft und Liebe zu Tier und Natur ein Leben führen, das uns höchsten Respekt abverlangt.
Das Essen bietet uns auch eine reiche Vielfalt: vom kärglichen Marmeladenbrot am Morgen, bis hin zur selbst hergestellten Butter und Käse auf der Alm und opulentem Buffet im Hotel. Lokale Spezialitäten wie frisch zubereiteten Kärntner Nudeln und Kaiserschmarrn in unglaublichen Portionen oder italienischem 2-Gänge Menüs mit allen denkbaren Variationen. Das Ganze immer flankiert von zwei Flaschen Wein, die ein edler Spender auf den Tisch stellt und obligatem Grappa danach. So wird die Euphorie des gemeinsam Erlebten bestärkt und der Tag in fröhlicher und sehr vertrauter Atmosphäre zu einem schönen Abschluss gebracht.
Die Tage vergehen wie im Flug und wir kommen nach einem letzten Tag mit 1000 Hm nach oben, 1700 Hm wieder runter und 23 km später glücklich und reich beschenkt im Tal an. Mit dem allerletzten Schritt marschieren wir durch den Triumphbogen aus Wanderstöcken in Thörl-Maglern ein.
Was bleibt, ist ein buntes, dicht gewirktes Erlebnisbild und das Gefühl von Fülle und Dankbarkeit. Dafür, dass es eine so wundervolle Natur überhaupt gibt, dass sich jemand gefunden hatte, der diese tolle Tour zusammengestellt und geführt hat (danke Matthias!) und an jede Einzelne und jeden Einzelnen von uns, der sich darauf eingelassen hatte. So sind wir gespannt und freuen uns jetzt schon auf eine mögliche Fortsetzung dieser Erfahrung auf einem neuen Weg 2022!
Heidi Eidloth