Safranreis, Nasenpflaster und andere Kuriositäten
Höhenbergsteigen – die Erste
Da unsere Ziele im Iran auf 5600 bzw. 4800 HM liegen, ist eine Akklimatisation zwinged erforderlich. Diese soll in den Alpen erfolgen, um weniger Tage im Iran zu benötigen und dort weniger abhängig von schlechtem Wetter zu sein. Außerdem dient die Akklimatisirungstour dem gegenseitigen Kennenlernen. Wir haben uns im Vorbereitungstreffen als Ziel auf die Cabania Margaritha geeinigt, welche mit 4549 HM die höchste Hütte Europas ist.
Mit 30 Minuten Verspätung, also um 4:34 Uhr startet so unsere (Theresa, Hanna, Daniel, Jakob und Georg) Iran Reise am Karlsruher Hauptbahnhof. Ziel: Zermatt. Wie durch ein Wunder erreichen wir dieses pünktlich.
Vorbei am Matterhornmuseum (Das Hilfsseil haben wir besser zu Hause gelassen) gehts bei sommerlichem Wetter über Rothenboden zur Monte Rosa Hütte. Dort gibts als Appero das selbst hochgetragene Bier-Konzentrat vom Lidl, Prost! Am nächsten Tag gönnen wir uns, sehr zur Verwunderung der Hüttenwirtin, das Frühstück um 7 Uhr ("Eigentlich nehmen alle, die da oben raufgehen Frühstück um 3").
Morgens müssen wir dann Daniel leider mit Knieproblemen auf der Hütte zurücklassen. Der Grenzgletscher zeigt sich aufgrund des schneereichen Frühjahrs von seiner besten Seite. Spalten sind nicht zu sehen und irgendwann dackeln wir in der Spur, vorbei an Liskamm und Dufor nach oben. Ab 4100HM merkt man die Höhe. Bevor wir die Hütte erreichen, gehts frei nach dem Motto "zwei 4000er zum Preis von einem" noch auf die Ludwigshöhe.
Über die Nacht auf 4549 HM soll nicht im Detail eingegangen werden. Teilweise wurde noch in letzter Minute von Halbpensoin auf Übernachtung mit Frühstück umgebucht. Warum gibt es auf der Hütte keine Übernachtung ohne Frühstück? Zumal dasselbe ja für eine italienische Hütte sensationell reichhaltig ist. Im Selbsttest: Müsli ging ganz gut, Toast mit Käse: Der Körper sagt nein.
Der Abstieg erfolgte wie der Aufstieg. Ab ca. 3900 HM wurde die Stimmung langsam wieder besser. Das meist ausgelassene Frühstück musste erstmal wieder nachgeholt werden. Dabei gut sichtbar, die Liskamm Nordwand, die von einigen, auch Karlsruher Alpinisten bereits bezwungen wurde. Einzige alpinistisch Herausforderung auf unserer Rouute ist ein Gletscherbruch mit ca. 10 HM Steilstufe.
Der Hüttenwirt der Monte Rose Hütte weist uns auf den neuen Hüttenweg hin. Und da Daniel bereits über diesen abgestiegen ist, folgen wir ihm. Tatsächlich ist der neue Hüttenweg landschaftlich reizvoller, als der alte. Ob man tatsächlich weniger Höhenmeter macht, haben wir nicht nachgemessen, zeitlich ist der Aufwand mit dem "alten" Hüttenweg vergleichbar. In Rothenboden treffen wir auf Daniel und entscheiden uns für die Option Gepäcktransport per Gornergratbahn.
Fazit: Super Tour, schade, dass Daniel nicht mit oben war. Die Kondition passt soweit. Kopfschmerzen weg, alles gut.
Höhenbergesteigen – die Zweite oder ein Iranreisebericht
Nachdem die Akklimatisierungstour immerhin für drei Interessierte erfolgreich verlaufen ist, ging es Ende Juli für Theresa und Hanna endlich in den Iran. Georg, der durch seinen Urlaub ein Jahr vorher bereits einiges von Iran gesehen hatte, kam eine Woche später hinterhergeflogen.
Bereits kurz vor Landung wurden noch im Flieger die Kopftücher gezückt und über die Haare drapiert. Im Gegensatz zu vielen anderen arabischen Ländern wird im Iran das Kopftuch leger über die Haare geworfen, so dass noch möglichst viel von der aufwendigen Frisur sichtbar ist.
Total übernächtigt, durch chaotische Einreisebedingungen leicht überfordert, fielen wir dem Haifischbecken der Taxifahrer zum Opfer. Doch zum Glück nahm sich Said, der gerade zu seiner Verlobungsfeier mit seiner kompletten Familie aus Bonn angereist kam, uns an. Zuerst half er uns beim Geld wechseln (übrigens der besten Geldkurs den wir auf der kompletten Reise hatten!). Anschließend packten sie uns zusammen mit Mama, Papa, Schwester, Cousin, Cousine und gefühlt 50 Koffern kurzer Hand mit in ihr Taxi. Trotz engen Sitzverhältnissen wurden zwei Regeln beachtet: bei Erwachsenen gibt es, wenn man nicht verwandt ist, strikte Geschlechtertrennung. Zweite Regel, der Gast ist König, d.h. wir hatten die besten Plätze. Wir wussten noch gar nicht wie uns geschah, als wir um 6 Uhr morgens mitten im Niemandsland vom Taxi in den Bus nach Isfahan verfrachtet wurden.
Isfahan, eine ehemalige Hauptstadt Irans liegt mitten in der Wüste, woran uns die 40 Grad Celsius auch ständig erinnerten. Neben den bunten Palästen beeindruckte uns auch die Vielzahl an bepflasterten Nasen der Iraner. Im Iran ist ein Statussymbol sich eine Nasen-OP leisten zu können. Dies geht sogar so weit, dass so manch einer ein Nasenpflaster ohne operierte Nase trägt. Was uns ebenfalls auffiel, war das die Iraner immer und überall ihr Picknickdecke aufschlagen, bei Platzmangel auch gern mal mitten auf dem Kreisverkehr.
In Isfahan erklommen wir zusammen mit Paolo uns ersten Gipfel: Mount Soffeh mit 2257 hm. Auf dem Abstieg wurden wir auch zum ersten Mal von Iranern auf unsere gemeinsam arische Abstammung hingewiesen. Iran kommt von dem Wort Arier und wir sind ja quasi Brüder und Schwestern. Ähnliche (extremer) Begegnungen zu diesem Thema passierten uns noch öfters. Auf diese Situationen waren wir nicht vorbereitet und lächelten das Thema eher weg bzw. versuchten die Gespräche zu beenden.
Danach ging es zurück nach Teheran. Neben vielen Sehenswürdigkeiten ist uns hier die ehemalige, amerikanische Botschaft und das Museum der heiligen Verteidigung besonders in Erinnerung geblieben. Hier war die Kluft zwischen Iran und USA (und Israel) besonders stark zu spüren.
Drei Tage später trafen wir uns mit Georg und Armin, unserem iranischen Bergführer zu dem eigentlichen Teil der Reise.
Für die erste Tour war eine Mehrseillängekletterei über die German Flank auf den zweithöchsten Berg im Iran, den Alam Kuh mit 4850 hm im Elbursgebirge geplant.
Der Elbursgebirge liegt im nördlichen Teil des Irans zwischen dem Kaspischen Meer und dem Persischen Hochland. Der höchste Gipfel ist der noch aktive Vulkan Damavand im zentralen Teil des Gebirges, den wir im zweiten Teil der Reise noch besteigen sollten. Die Südhänge des Elburs grenzen übrigens unmittelbar an Teheran.
Da der Einstieg in die Route auf den Alam Kuh nicht einfach zu finden ist und die iranischen Gebirge nicht so wie unsere Alpen erschlossen sind, hatten wir für diese Tour Armin unseren Bergführer dabei.
Mit Zelt, Kletterausrüstung und der gesamten Verpflegung für die nächsten vier Tage im Gepäck ging es über die szenisch beeindruckende Serpentinenstrecke Richtung Chalus zu unserem Basecamp in Vandabour auf 2200 hm.
Am nächsten Tag packten wir unsere Mulis, die uns dankenswerter Weise unser ganzes Gepäck zu unserem nächsten Camp auf 4200 hm brachten. Somit war unser erster Tag ein Spaziergang (…nur 2000 hm) mit leichtem Gepäck durch die wunderbare Landschaft des Elbursgebirges.
Wäre die Nacht auf 4200 hm nicht so stürmisch gewesen (…wir dachten mehrmals, dass wir gleich mit samt unserem Zelt wegpustet werden…), hätten wir wie Schäfchen geschlafen. Denn Dank unsrer Akklimatisierungstour merkten wir zwar die dünne Luft, aber sonst ging es uns überraschenderweise blendend ?
Um 3:30 Uhr klingelten die Wecker (eigentlich nur der im Frauenzelt, die Männer hatten nämlich verschlafen), alles was nicht gebraucht wurde, wurde für den Muli-Transport verpackt und nach kurzem Frühstück die Rücksäcke geschultert.
Nach einer Stunde Kraxelei kamen wir zum Einstieg der German Flank, der ohne Ortskundigen niemals auffindbar wäre, da es keinerlei Hinsweisschilder, Markierungen oder Steinmännchen gab. In zwei Zweierseilschaften aufgeteilt führte die Tour über ca. 11 Seillängen mal kletternd, mal kraxelnd hinauf auf dem Gipfel. Teilweise konnte man am laufenden Seil gehen, teilweise waren Passagen nur technisch zu bewältigen. Wobei die Trittleitern und ausgefranzten Seile in den 4er Stellen nicht besonders vertrauenswürdig aussahen. Durch den eisigen Wind etwas durchfroren, aber wieder ohne Höhenkrankheit erklommen wir um 14 Uhr den Gipfel des Alam Kuh mit 4850 hm. Über die Südseite führt auch ein Normalweg auf den Gipfel, so dass wir nicht die Einzigen Gipfelstürmer waren und direkt zu Fotosessions eingeladen wurden.
Den Rückweg gingen wir über den Normalweg, auf dem uns Einige entgegen kamen, die sichtlich mit der Höhe zu kämpfen hatten und sich trotzdem den Berg hoch schleppten. Beim Abstieg lies das Adrenalin nach und wir hatten ganz schön mit Müdigkeit und immer wärmeren Temperaturen zu kämpfen. Zu dem verliefen wir uns auch noch ein Stück. Um ca. 19 Uhr hatten wir es dann auch endlich geschafft und kamen auf 3000 hm an, wo uns ein Taxi erwartete.
Am AlamKuh bemerkten wir das erste Mal, dass im Gebirge andere Gesetzte herrschen. Die Kleiderordnung war nicht mehr obligatorisch und es gab sogar Gipfelschnäpse. Deswegen sind die Berge und die Bergausläufe auch ein beliebter Treffpunkt für Jugendliche.
Am nächsten Tag ging es zurück nach Teheran und direkt in das nächste Taxi. Dieses hatte Armin für uns noch spontan organisiert, genauso wie die nächste Übernachtungsmöglichkeit und die Permission für den Damawand. Alles über Connections und Bekannte. Leider hatte das Auto Motorprobleme, weswegen wir ohne Klimaanlage dafür aber mit umso mehr Feinstaub, welches durch die geöffneten Fenster eindrang, fahren mussten. Benzin wird im Iran durch die Regierung sehr stark subventioniert, allerdings ist es von schlechter Qualität. Durch diese Kombination kommt es zu immensen Luftverschmutzungen. Eine Spende in die Opferkasse, half in unserem Fall: der Motor funktionierte wieder plötzlich einwandfrei.
Am Spätnachmittag kamen wir in dem kleinen Ort Rineh (> 2000 hm) an, wo wir übernachteten. Es war Freitag, was wir gleich daran bemerkten, dass alle Leute in die Moschee gingen, danach gab es einen großen Einkaufstrubel. Wir gesellten uns dazu, da wir noch die Verpflegung für den Damawand brauchten. U.a. fanden wir dort das leckerste Fladenbrot, welches wir je gegessen haben. Der Besitzer zeigte uns auch gleich sehr stolz seine Singer-Nähmaschine.
In unserer Übernachtungstätte verkauften sie uns den Damawand als den höchsten aktiven Vulkan (5800) weltweit (Der höchste aktive Vulkan ist jedoch Ojos del Salado, Chile mit 6893 hm). Diese Kombination von Selbstüberschätzung bzw. falschen Wissens und starker Heimatliebe begegnete uns im Iran öfters. Die Menschen wussten z.T. nicht ob sie im Osten, Westen, Norden oder Süden vom Iran wohnen, waren aber trotzdem der festen Überzeugung, dass im schönsten Teil Irans und damit der Welt wohnten. “Es gibt kein Gebirge weltweit was ansatzweise mit dem Elbrus-Gebirge mithalten kann.”
Am nächsten Morgen ging es wieder mit dem Taxi los zum Einstieg bis auf 3400 hm. Am ersten Tag stand nur eine kurze Distanz von 800 hm zu einer Selbstversorgungshütte auf 4200 hm an. Allerdings hatten wir sehr viel Gepäck mit Schlafsack & Co. und sehr viel Essen und Trinken dabei. Abends machten wir noch eine kleine Akklimatisierungstour und bezwangen weitere 200 hm. Dabei waren wir aber auch froh, der sehr überfüllten Hütte kurz zu überkommen. Viele Wanderer hatten auch schon ihre Zelte aufgeschlagen, weswegen es gut war, dass wir so früh an der Hütte waren, da wir kein Notfallzelt dabeihatten.
Bevor wir am nächsten Morgen um 5 Uhr für unsere große Etappe starteten, reduzierten wir erst nochmal unser Essen und Trinken auf das Nötigste. Der Anfang war sehr zäh. Aufgrund einer andauernden Diarrhö waren Theresa und Hanna bereits körperlich geschwächt und durch die eisige Kälte fielen die Pausen nur sehr kurz aus. Den gesamten Aufstieg war es so windig, dass man ständig das Gefühl hatte, es pustet einem gleich vom Kamm. Hinzu kam nun auch die dünne Luft, die das Atmen zunehmend erschwerte. Ein kleines Trostpflaster gab es dennoch: wir hatten immerhin keinerlei andere Symptome wie Kopfweh oder Übelkeit. Der Akklimatisierungstour sei Dank! Mit den ersten Sonnenstrahlen wurde es dann auch deutlich besser. Um 12:40 Uhr hatten wir es endlich geschafft und standen nun 5609 hm am Kraterrand des Damavand. Der Blick über das Gipfelplateau und das Gefühl den ersten 5000er bezwungen zu haben (zumindest Theresas und Hannas) entschädigte alle Strapazen.
Die Westseite, welche wir hochgewandert sind, ist die technisch anspruchsvollere mit vielen Gratwanderung, Geröllfeldern und ohne bewirtete Hütten. Jedoch ist sie ohne viel Equipment machbar. Lediglich ein Helm wegen Steinschlag wird empfohlen. Allerdings führt die fehlende Infrastruktur zu relativ viel Gepäck, welches wegen der schlechten Zugänglichkeit nicht mit Mullis transportiert werden kann und wir somit alles selbst hoch und wieder runtertragen mussten.
Auf dem Gipfel wimmelte es plötzlich von Wanderern, die über die leichtere Südseite (und unsere Abstiegseite) aufgestiegen sind. Deswegen und auch wegen des unverkennbaren aufsteigenden Schwefelgeruchs, blieb der Gipfelaufenthalt sehr kurz. Den Abstieg auf 3000 hm beschleunigten wir durch Schnee- und Gerölllfeldrutschen. Um 18:30 Uhr, nach 6 h Abstieg und nach 13,5 h Höhenbergsteigen erreichten wir das langersehnte Taxi.
Zurück in unserem “Basecamp” „Hi Theran-Hostel“ in Teheran wurden wir wieder freudig und mit vielen Fragen empfangen.
Um die letzten Tage im Iran noch möglichst gut zu nutzen, ging es im Nachtbus weiter nach Tabriz. Die Busreisen im Iran waren übringens auch um einiges komfortabler als der Flug mit „Ukraine Airline“.
Die letzten Tage verbrachten wir dann noch entspannt und mit gutem Essen in Tabriz und Teheran. Gerade den Safran-Reis haben wir sehr zu lieben gelernt :)