Die ungünstige Lawinensituation hätte unser jährliches Skitourenwochenende gefährden können. Doch Hansi hat es tatsächlich geschafft, so mal eben kurzfristig über 30 Tourengänger in eine geeignete Unterkunft umzuswitchen: Das Berghaus Arflina in den Frideriser Heubergen. Uns erwarteten schöne Toure in für die meistens von uns unbekanntem Gelände, und nicht zuletzt ein herzliches Willkommen, leckere Menüs und… vieles mehr!
Arflinafurgga/Hinteregg, 09.01.2015
15 reisten bereits Donnerstagabend an, wurden vom Allrad-Bus hochgekarrt und sogar noch mit Abendessen versorgt, um 21.30 Uhr! Die Guides, Hansi und Flo, ertüftelten 2 spannende Freitagstouren für eine 7er und eine 8er Gruppe! Zu berücksichtigende Faktoren: Lawinenstufe 3, eingewehter Triebschnee (inhomogener Schneeaufbau), böig, tückische (Nord-) Hänge über 30° Grad und zunehmender Temperaturanstieg!
Routenplan von Flo`s Gruppe: Kurzer Anstieg auf die Arflinafurgga (2247m), Südseite Abfahrt unter die Baumgrenze (1700m) und Aufstieg Richtung Hinteregg (2396m).
Ausgiebig gefrühstückt pünktlich um 9 Uhr ging’s auf die Felle, fertig, los. Windgeschützt am Pistenrand dem Arflinafurgga entgegen. Dahinter erlebten wir traumhaft kupierte Südhänge - mit Pulver? ja Pulverschnee! - die in fluffige Waldschneisen übergingen. Souverän lotste uns Flo im Flow zum geographischen Tiefpunkt bei 1700 m. Wieselflink hatten wir wieder aufgefellt und strebten den deutlich sichtbaren Windfahnen am Aufstiegsgrad entgegen.
Anstatt „leise rieselt der Schnee“ empfing uns dort „heftig pfetzt der Graupel“ auf der linken Wange! Eine fiese Prise fauchte aus dem südwestlich gelegenen Arosa zu uns herüber. Flo (Rasierklingentester de Cologne) veranlasste eine Blindabstimmung zur unbeeinflussten Stimmabgabe. So gingen wir noch einige Meter auf dem überaus pfiffigen Grad, wendeten jedoch alsbald unisono! Es folgte nun eine interessante Spezialübung: Mit Fellen abfahren und queren zur Arflinafurgga!
Ich bin bass erstaunt wie es fantastische Menschen immer wieder schaffen, auch aus ungünstigen Umständen einen Hammer-Tag zu zaubern.
Danke an Flo, Hansi und einfach an alle, die dabei waren! Euch mache ich für mein breites Grinsen verantwortlich, dass ich an diesem Abend einfach nicht mehr loswurde!
Mattjischhorn/Cunggel, 10.01.2015
Am Freitagabend war die Mannschaft endlich vollständig, bereits jetzt in der Stimmung für weitere Erlebnisse. Stelli, Mattjischhorn, Cunggel, Glattwang und Mittagspitz lautete das Tourenangebot für den nächsten Tag. Mit vollem Bauch ging dann in 6 kleinen Gruppen bei der Tourenplanung los!
Um 8 Uhr standen die Gruppen mit fertig aufgefellten Skiern bereit. Mit Uta sollte es Richtung Mattjischhorn gehen, mit einer Abfahrt Richtung Peist und einem weiteren Anstieg zum Cunggel. Bereits auf dem Weg zum Mattjischhorn waren die Wummgeräusche nicht zu überhören! Eine ideale Gelegenheit, unseren Tourguide mit Fragen zu löchern und die optimale Routenwahl zu diskutieren.
Die letzten Meter zum Mattjischhorn haben wir uns angesichts der fortgeschrittenen Uhrzeit geschenkt. Eine gute Entscheidung, denn eine tolle Abfahrt erwartete uns auf der anderen Seite der Furgga. Die Bäume standen irgendwann immer dichter und das Durchkommen wurde mehr und mehr zur Herausforderung. Aus dem Dickicht drangen dann plötzlich Stimmen einer anderen Skigruppe zu uns durch. Claudia hatte den gleichen Weg für ihren Aufstieg gewählt. Nach einer abenteuerlichen Weiterfahrt gelangten wir an unseren Orientierungspunkt, den Fluss. Die Überquerung desselben gelang ohne Verluste und alle Socken blieben bis auf die im Schuh bereits vorhandene natürliche Feuchtigkeit mehr oder weniger warm und trocken.
Erste Hochrechnungen nach der Mittagspause ergaben, dass der angepeilte Cunggel noch zu schaffen ist, vorausgesetzt, man kommt zügig wieder in die Puschen. Entsprechend hurtig ging es aufwärts und als die Spitze in Sicht kam, gab es kein Halten mehr. Sonnenschein pur und ein gigantisches Panorama.
Was nach einer Notlösung für einen Schlechtwettertag aussah, wurde eine ausgewachsene Skitour mit 1200 Hm Anstieg, viel Spaß und perfektem Wetter!
Lawinenrettungsübung, 11.01.2015
Die Nacht zum Sonntag brachte endlich den ersehnten Neuschnee. Dieser kam mit aller Macht, der Sturm hüllte das Berghaus Arflina und Umgebung in feinsten weißen Puder – Idealbedingungen für die realistische Übung eines Lawinenrettungs¬einsatzes.
Aufgeteilt in zwei Großgruppen bereiten wir als Gruppe Erik zunächst das Lawinenfeld für Gruppe Claudia vor. Ein Feld von ca. 30 m x 30 m wird mit Ski zertrampelt und durchwühlt. Es werden 3 Löcher bis zum Almboden für Verschüttete ausgehoben und präpariert. Alle geben sich Mühe, Anhaltspunkte der Ziele zu verwischen, schließlich sollte es der anderen Gruppe nicht zu leicht gemacht werden, außerdem hält die Bewegung warm.
Als würden wir Unheil spüren, einigen wir uns in weiser Voraussicht schon mal auf Tobias als unseren Rettungsgruppenleiter. Tobias teilt die Teilnehmer sogleich in Funktionen (Sucher, Schaufler) ein.
Kaum ist die Gruppe versammelt und die Gerätschaften sind verstaut, wird uns ein Notruf übermittelt: Eine Lawine hat in der Nähe eine Gruppe Tourengeher verschüttet, Koordinaten werden entgegengenommen.
Wenn auch nicht im Mittelpunkt der Übung stehend, sei erwähnt, dass uns die alterwürdige Schweizer Karte und nicht das GPS-Gerät zum Einsatzort führt.
Mit etwas Verzögerung am Ziel angekommen, geht es nun recht schnell. Die zu Beginn als Sucher eingeteilten Retter haben gleich die ersten Signale: 2 Verschüttete sehr nah. Die Retter mit Sonde und Schaufel stehen parat. Person 1 kann nach 3 Minuten gefunden und befreit werden, Person 2 nach 5 Minuten.
Plötzlich macht die Information die Runde, es sei eine 3.Person offenbar ohne LVS verschüttet. Zeitgleich wurde wieder ein Signal festgestellt, offenbar örtlich variabel: Fehlalarm - fälschlicherweise auf Senden zurückgestelltes LVS einer Rettungskraft.
Nach kurzem Umherirren der Teilnehmer sammelt Tobias die versprengte Gruppe ein und wir beginnen die Suche nach dem Unverantwortlichen ohne LVS: Es heißt nun zu sondieren. Es ist wohl eher ein Stochern: Mitte, etwas links, etwas rechts, nach vorn…Aus der anfänglichen Linie wird eine Banane.
Eine Stimme aus dem Off (Ansgar) gibt Regieanweisungen und Hilfestellung, anscheinend wird den Beobachtern kalt: Die im anfänglichen Eifer aus dem Suchfeld entfernten Skistöcke sollten doch Hinweis geben über die mögliche Lage des dritten Opfers. Weiter wird uns gezeigt, dass etwas mehr Takt und Gleichschritt ihre Berechtigung haben. Also nochmals ein Stück zurück und richtig sondieren: Prompt wird das dritte Opfer gefunden, zum Glück nur eine alte steifgefrorene Decke – es hat immerhin 30 Minuten gedauert…
Schnell wird zusammengepackt und ab geht’s in die warme Stube zur Analyse mit unseren drei beobachtenden Tourenleitern Claudia, Ansa und Ansgar bei heißer Schoki.
Fazit: Insgesamt nicht schlecht gelaufen, aber: Jeder Tourengeher sollte sich – aus Verantwortung seinen Tourenpartnern gegenüber – intensiv mit den Hilfsmitteln und Methoden auseinandersetzen (GPS, Karte, LVS, Sonde, Schaufel…). Dann können entscheidende Minuten gespart werden.
Nun noch kurz Berg auf und es war Zeit für unsere Fahrt nach Haus – letzter Abfahrt mit dem vollen Allrad-Bus. Unersättliche BergfreundInnen haben ans Wochenende den Montag angehängt. Es hat sich gelohnt!
Herzlichen Dank an allen, die sowohl aus diesem Wochenende Mal wieder einen Genuss machten als auch die Lust auf weitere gemeinsamen Toure weckten. Dank auch Torsten, den wir mit der Fahrgemeinschaftsorganisation schön beschäftigt haben! Und…
Uns einen guten Rutsch in die weißen Jahreszeit!
Text: Uli, Sandra, Jens, Susen, Nancy
Fotos: Uli, Uta, Martin