Die Ausfahrt aus der Sicht von Armin mit Unterschenkelprothese und Kira, die auf einen Rollstuhl angewiesen ist.
Ein verlängertes Wochenende war für die Ausfahrt der inklusiven Gruppe eingeplant. Die Besonderheiten in diesem Jahr waren, dass zwei Rollifahrerinnen, Ayten und Kira, sowie Armin mit seiner Beinprothese auf die Langtalereckhütte mitkamen. Im Gepäck waren zwei Rollstühle für die Hütte, zwei ausgeliehene Geländerollstühle für die Bergwanderungen und auf dem Pkw-Heckträger die Mountainbikes für Armin und Patrick.
Ziel war, einmal auszuprobieren, wie weit man sich mit den Geländerollstühlen ins Gelände wagen kann und wie die Rollstuhlfahrerinnen mit ihren Rollstühlen in der Hütte zurecht kommen. Armin mit Beinamputation wollte mit dem Mountainbike zur Hütte hoch radeln und dann auf dem Klettersteig weitere persönliche Grenzerfahrungen sammeln.
Alles in allem eine spannende Unternehmung und ein Abenteuer im Hochgebirge von dem keiner richtig wusste wie es ausgeht und wo die Schwierigkeiten liegen.
Freitag
Morgens um 7 Uhr haben wir uns am Fächerbad getroffen und sind mit voll gepackten Stadtmobilen etwa 6 Stunden ins Ötztal gefahren. Nachdem wir zur Mittagszeit die Talstation der Seilbahn, ein paar Kilometer vor Obergurgl, erreicht und der Hüttenwirt unser Gepäck mit dem Landrover abgeholt hatte, begann für alle bei strahlendem Sonnenschein das Abenteuer.
Dank Sigmund Gufler machte ich mich mit leichtem Gepäck, begleitet von Patrick, an die Auffahrt zur Hütte. Diese gestaltete sich schwieriger als ich mir das vorgestellt habe, denn auf einigen Steilpassagen war, trotz Elektrounterstützung, kein vorwärtskommen für mich möglich, denn ich konnte den nötigen Druck auf die Pedale nicht aufbringen. So mussten viele Pausen eingelegt, an einigen Passagen sogar geschoben werden. An der Schönwieshütte war für mich dann endgültig Schluss mit lustig, zumal das steilste Stück noch vor uns lag. Zum Glück war Patrick mit dabei, der eine Geländemaschine mit einer besseren Übersetzung und stärkerem Motor fuhr. Also haben wir die Räder getauscht und die Fahrt fortgesetzt.
Mit Patricks Bike bereitete mir die weitere Auffahrt, mit einigen Pausen deutlich weniger Probleme. Gegen 17 Uhr erreichten wir glücklich aber reichlich geschafft die Hütte. Die Grenzen, die von der Ausstattung meines Mountainbikes und meiner Prothese gesetzt wurden, waren mir deutlich klar geworden.
Kira : In Obergurgl habe ich meinen Bergrollstuhl bekommen. Der war von der Sitzbreite zu breit für mich, aber klar war ja auch nur ausgeliehen. Der Stuhl war vorne voll lang, so dass dort ein Helfer ziehen konnte und hinten haben dann zwei Helfer ordentlich geschoben. Schnell habe ich festgestellt, dass ich nicht so wirklich mithelfen konnte, was ich recht schade fand. An der Schönwieshütte haben wir eine Pause eingelegt und sind dann weiter zu unserer Langtalereckhütte. Die Leute in der Hütte waren alle sehr nett und hilfsbereit. Wir haben dann erst einmal unser Zimmer bezogen und einige ruhten sich von der Fahrt und den Strapazen des Aufstiegs noch aus. Das Tagesprogramm war mit dem Hüttenaufstieg erfüllt.
Samstag
Wir Rollifahrerinnen sind mit der Begleitmannschaft nach dem Frühstück los Richtung Langtaler Ferner, schon die Bachüberquerung vor der Hütte gestaltete sich spannend. Aber unsere Helfer waren zur Stelle und je länger die Tour ging, umso routinierter gelang mit dem Bergrollstuhl der Weiterweg. Die Aussicht auf die Gletscherwelt und das Bergpanorama war wunderschön. Nach einiger Zeit mussten die beiden großen
Räder vom Rollstuhl abgemacht werden. Direkt unter dem Sitz, waren noch 2 kleine Räder, so dass der Rollstuhl nur noch einspurig war. Der Bergpfad war sehr schmal und holprig, ich wurde ordentlich durchgeschüttelt. Ein Glück, dass ich keinen schwachen Magen habe. Am späten Nachmittag sind wir wieder zur Langtalereckhütte gekommen. Wir hatten zum Glück keinen Regen, der kam allerdings sehr heftig am Abend.
Armin: Ich machte mich am Morgen mit Uli, Christina, Martin, Andi und Anette auf um den Schwärzenkamm Klettersteig zu begehen, oder zumindest einen Teil davon. Das Wetter spielte wieder mit und die Sonne schien kaisermäßig. Doch schon der Zustieg war für mich nicht leicht und so war ich froh als wir endlich am Einstieg standen. Im Klettersteig selbst hatte ich keine Schwierigkeiten, aber schon große Angst vor dem nicht zu vermeidenden Abstieg. Als wir den ersten Notausstieg erreichten, entschied ich mich, aus Bedenken vor dem mühseligen für mich langen Abstieg, hier abzubrechen und vom Klettersteig auszuscheren. Die Entscheidung war zurückliegend betrachtet sinnvoll, begleitet wurde ich von Anette und Martin.
Der Notausstieg war zunächst mit Seilen versichert, so dass wir gut voran kamen. Auf etwa der halben Strecke jedoch mussten wir ein Geröllfeld queren, welches ich nur auf dem Hinterteil rutschend bewältigen konnte. Danach war der Weg wieder mit Seilen versichert, so kamen wir wieder gut auf den normalen Weg zurück. Auf dem weiteren Abstieg und dem anschließendem Aufstieg zur Hütte ging es nur langsam und beschwerlich. Am Ende war ich froh als wir gegen 16 Uhr die Hütte erreichten. Auch an diesem Tag habe ich die Grenzen meiner Prothese kennengelernt und Grenzerfahrung gesammelt.
Sonntag
Eine sportliche MTB-Tour stand mit Patrick auf dem Programm. Zunächst erfolgte die Abfahrt zur Schönwieshütte. Geplant war die Weiterfahrt ins Rotmoostal bis zum Gletscher. Das Wetter spielte auch diesmal wieder mit. Aber, wir mussten schon nach wenigen Metern unseren hochgesteckten Plan beiseite legen, denn der Weg war durch zu starke Verblockung und geringer Breite nicht befahrbar. Also blieb uns nach einem längeren Aufenthalt an der Schönwieshütte, bei dem wir auch wieder die anderen Gruppen trafen, nur die Rückfahrt zur Hütte, natürlich wieder mit getauschten Rädern.
Auch mit uns Rollifahrerinnen sollte es heute eigentlich ins Rotmoosthal gehen. Aber da es in der Nacht zuvor so ergiebig geregnet hatte, war alles total matschig und wir haben den Plan leider nicht durchführen können. Wir sind aber trotzdem aufgemacht in Richtung Schönwieshütte. Kurz vor der Hütte kamen wir auf eine Art Aussichtsplattform, wo wir eine Zeit geblieben sind und die Aussicht auf Obergurgl genossen. Achim hat uns dort auch noch das Kartenlesen erklärt. Den Rückweg zurück zur Hütte sind Ayten und ich dann im Landrover vom Hüttenwirt mitgefahren.
Am späten Nachmittag fing es, wie sollte es anders sein, wieder an zu regnen.
Montag
Als wir morgens aus dem Fenster blickten hatte uns über Nacht ein Kälteeinbruch ereilt, es waren gerade mal acht Grad auf dem Thermometer und Regen ohne Ende. Es half nichts wir Mountainbiker mussten auf den Sattel und abfahren. Recht schnell kamen wir bergab, wen wundert es, voran. Der Regen trieb uns zusätzlich an. Wir erreichten völlig durchnässt und halb erfroren noch vor dem Landrover, der wieder unser Gepäck und auch die beiden Frauen transportierte, den Parkplatz an der Seilbahnstation vor Obergurgl.
Wir Bergrollstuhlfahrerinnen wären sehr gerne zurück nach Obergurgl gerollert, aber bei dem Wetter war daran nicht zu denken. Die Ausfahrt war insgesamt sehr schön - wunderschöne Natur. Ich fand es nur schade, dass ich bei den Bergrollstühlen nicht mithelfen konnte, dies wäre mir lieber gewesen. Es war abenteuerlich, da ich noch nie so nah am Berg war und sehr wahrscheinlich auch nie wieder so nah am Berg sein werde.
Gegen 18 Uhr erreichten wir alle gesund und glücklich, sowie um einige Erfahrungen reicher wieder Karlsruhe. Die Ausfahrt war ein voller Erfolg mit vielen tollen Erlebnissen und Grenzerfahrungen, die wir alle sonst nicht hätten machen können.
Unser Dank gilt allen Organisatoren, Betreuern und Begleitern, die mit von der Partie waren und auf die wir uns immer verlassen konnten. Erwähnen möchten wir noch, dass die Bewirtung auf der Hütte und natürlich der Gepäcktransport von Guflers ganz ausgezeichnet war.
Jederzeit wieder - Danke an Georg und Familie!