Die Franz-Senn-Hütte ist eine der großen Hütten der Stubaier Alpen. Vor allem bei Skitourengängern ist sie beliebt, bietet sie doch einige attraktive Skitouren, leichte wie die Sommerwand, lange wie die Ruderhofspitze oder steile wie die Östliche Seehorn. Aber auch im Sommer ist sie gut besucht als Stützpunk am Stubaier Höhenweg. Berge, die man mit Ski besteigen kann, kommt man bekanntlich meist auch zu Fuß hoch. Auch wenn die Gletscher zurückgehen, liegen im Sommer in mehreren Himmelsrichtungen um die Hütte attraktive Gletschertouren. Abgesehen davon dass es hier gutes Essen geben soll, also genügend Gründe, sich diese Gegend einmal genauer anzuschauen.
Bevor man diese Berglandschaft genießen kann, steht erst mal die lange Anfahrt ins Stubaital an. Gegen Mittag haben wir es geschafft und starten mit 12 Personen den Aufstieg von Oberiß hoch zur Franz-Senn-Hütte. Nachdem wir unsere Lager in der gut gefüllten Hütte bezogen haben, geht es noch ein bisschen zum Klettern und Standplatzbauen in den Klettergarten. Nach dem Abendessen besprechen wir die Hochtour aufs Wilde Hinterbergl (3288m). Gleich drei Routen sind von der Hütte aus möglich auf diesen häufig begangenen Berg. Wir wählen die einfachste Route über den Verborgen Berg-Ferner, die als Schmankerl eine leichte Kletterei über eine Felsstufe bietet.
Richtung Gletscher geht es erst mal ein gutes Stück entlang des Alpeiner Baches durch das flache Tal nach Südwesten. Nach einem ersten Aufschwung nähert man sich auf 2600 m der flachen Gletscherzunge des Alpeiner Ferner. Entgegen älteren Beschreibungen betritt man heute diesen Gletscher nicht mehr, sondern zweigt vorher auf einen Pfad ab. Der Verborgen Berg-Gletscher wird unterhalb der Felsstufe erreicht. Beim Anseilen treffen wir auf eine Gruppe angehender Fachübungsleiter bei ihrer Prüfungstour. Die Felsstufe ist auf den ersten Metern, wo früher noch Gletscher war, ein bisschen schwieriger als erwartet. Mit Fixseilen und Prusikschlingen gesichert kann hier aber kaum Stress aufkommen. Bald haben alle die Felsstufe geschafft und wir stehen in der Turmscharte, von wo aus der nächste Gletscher hoch zu unserem Gipfelziel führt. Pünktlich zur Mittagspause haben wir es geschafft und stehen glücklich und zufrieden auf dem Gipfel. Für manche von uns ist es der erste Gletscherberg in ihrem Leben. Um uns herum jede Menge Berge. Vor allem die Ruderhofspitze mit ihrem langen Grat sieht ziemlich verlockend aus. Spätestens hier entsteht der Plan, diese Tour mit ihrem langen, fast sechsstündigem Aufstieg einmal anzugehen. Im April wird es soweit sein, da steht sie als Skihochtour im Sektionsprogramm. Im Abstieg zieht sich der Himmel zu, letztlich schaffen wir es aber bis auf ein paar Tropfen trocken bis zur Hütte.
Nach der langen Tour schmeckt das Essen und das wohl verdiente Bier nochmal leckerer und die Kräfte kehren zurück, um die nächste Tour auf die Innere Sommerwand (3123m) zu planen. Am nächsten Morgen genießen wir wieder das exzellente Frühstücksbuffet mit kaltem Braten, Bergkäse aus der Region und frisch gebackenem Brot. Dieses Mal müssen wir nicht das langgezogene Tal nach hinten, sondern steigen direkt bei der Hütte die Hänge hoch, bis wir oberhalb von Geröllfeldern den zum Teil aperen, aber nur stellenweise etwas steileren Gletscher erreichen. Hier lässt sich gut sauberes Steigeisensetzen im Eis üben. Kurz vor dem Ende der Steilstufe entdecken wir ein totes Säugetier im Eis. Es ist so wie es daliegt unbehaart, und sieht auf den ersten Blick nach einer Fledermaus aus, mit einer langen aus dem Eis ragenden Extremität. Später stellt sich anhand der Bilder heraus, dass es sich um ein Eichhörnchen handelte. Wenn es nicht ein besonders sportliches Eichhörnchen war, hatte es wahrscheinlich nicht so viel Spaß wie wir, sondern erlebte diesen Ausflug wohl eher in den Klauen eines Adlers. Wir bleiben zum Glück von solchen Schicksalsschlägen verschont. Nicht einmal die angesagten Regenschauer treten ein, so dass wir in aller Ruhe den Abstieg zurück zum Parkplatz genießen können, bevor es zurück nach Karlsruhe geht.
Jochen Dümas