Warum? Die Idee hatten schon andere – und ganz nach dem Motto der Hochtouren- und Klettergruppe: Weil's geht!
Sieben tolle, ganz unterschiedliche Bergtouren auf die sieben Höchsten unserer Alpenländer. 24 Monate lauerten wir darauf, Freizeit, Wetter- und Tourenverhältnisse in Einklang zu bringen. Im Juli 2016 konnten wir mit der Dufourspitze, der Königin der Schweizer Berge unser Projekt vollenden. Im zweiten Anlauf durften wir bei perfekten Verhältnissen auf dem Gipfel stehen, nachdem wir im Jahr zuvor vernünftigerweise wegen zu hohem Neuschnee auf halbem Weg umgekehrt waren.
Begonnen haben wir unser Vorhaben im August 2014 mit dem Gran Paradiso (4061m), Italiens Höchster. Auf Grund der Wettervorhersage stiegen wir im Aosta Tal von Pont direkt auf den Gipfel auf. Das Rifugio Vittorio Emanuele hat einen wahrhaft königlich ausgebauten Hüttenzustieg, den man problemlos im Licht der Stirnlampen findet. Als Zweierteam kamen wir gut voran und am Gipfelgrat hatten wir dann eine Menge Seilschaften eingeholt, die von der Hütte aus gestartet waren. Das typisch italienisch turbulente Treiben an den letzten Metern des Gipfelgrates stellt wohl die größte Herausforderung an diesen Gipfel. Mit mildem Blick schaut die weiße Madonna auf die Gipfelstürmer und wir mussten uns ein wenig Mühe geben für unser Gipfelfoto zu zweit.
Im selben Urlaub griffen wir mit dem Mont Blanc (4810m) auch noch nach Frankreichs höchstem Gipfelziel, der auch gleichzeitig das Dach von Europa ist. Als die Wettervorhersage drei gute Tage erhoffen ließ, verabredeten wir uns mit Julia und ihrem Sohn Philip im Val Veny. Von daher hieß unser Gipfelziel Monte Bianco. Zu viert stiegen wir von 1700m aus auf die Rifugio Gonella (3070m) auf. Ein langer und einsamer Aufstieg, mit dem wir dem legendären Trubel auf der französischen Route über die Refuge Du Goûter mit Begeisterung entgingen. Gerade mal 12 weitere Alpinisten starteten um Mitternacht Richtung Gipfel. Meter für Meter eroberten wir den Piton des Italiens (4002m) über den Domgletscher, der mit seinen gewaltigen Spalten nicht in jedem Jahr begangen werden kann. Entlang des schmalen Bionnassaygrat passierten wir den Dôme du Gôuter (4304m) und stießen mit dem Erreichen der Vallothütten auf die französische Aufstiegsroute. Ab hier gingen wir seilfrei, jeder in seinem eigenen Tempo zum Gipfel. Wir hatten das Glück, dass alle vier den begehrten Gipfel erreichten und den unbeschreiblich schönen Blick gemeinsam genießen und erleben konnten. Ein Augenblick, den man sein Leben lang nicht vergisst.
Gleich Anfang September 2014 konnten wir mit der großen Zugspitzüberschreitung unseren dritten Gipfel erobern. Holger war damit bereits das vierte Mal auf Deutschlands höchstem Punkt. Für den Aufstieg hatten wir uns für die Höllentalklamm entschieden, an der gerade im Bau befindlichen Höllentalangerhütte vorbei kamen wir mittags an der Plattform des Zugspitzplateau an. Das unser Gipfelglück noch ein wenig warten musste, lag an unserer Sorge, die mehr oder weniger klar reglementierte Übernachtungsplatzvergabe zu verpassen. Also kümmerten wir uns zunächst darum am Abend eine Übernachtung in den Katakomben des Münchner Hauses zu ergattern. Danach turnten wir noch die paar Meter bis zu dem goldenen Gipfelkreuz hinauf und hatten viel Spaß daran das übervolle bunte Treiben rundum zu beobachten. Doch nach der letzten und vor der ersten Seilbahn ist die Zugspitze ein ruhiger, berührender Ort, an dem Bergsteiger voll auf ihre Kosten kommen. Am nächsten Morgen stellten wir uns der eigentlichen Herausforderung des Wochenendes, dem langen Abstieg über den Jubiläumsgrat. Die Begehung dieses Grates ist eine echte Aufgabe an die eigene Trittsicherheit und Ausdauer. Jetzt am Ende eines vielseitigen Bergsommers hatten wir die notwendige Übung und damit große Freude an dem langen und vielseitigen Auf- und Ab - bis wir glücklich und zufrieden eine der letzten Bahnen am Osterfelderkopf erreichten.
Mitte Juli 2015 führte uns das Gipfelprojekt nach Malans direkt an der Grenze zu Liechtenstein. Von hier aus war die Besteigung des Liechtensteiner Vorder Grauspitz (2599m) geplant. Er ist der niedrigste der Alpensummits, wer jedoch dort auf dem Gipfel steht, hat richtig was geleistet, was vor allem Ausdauer und Trittsicherheit auch auf Grassteilhängen angeht. Ein ganz besonderer Start war die vorher angemeldete Fahrt mit der historischen Älplibahn, die uns nach Älpli, dem Ausgangspunkt der Wanderung brachte. Danach folgte ein langer Aufstieg über Bad und Alpe Ijes zum Hinter Grauspitz. Belohnt wurden wir durch eine selten vielseitige Flora. Vom Hinter Grauspitz balancierten wir über einen schmalen, brüchigen Felsgrat an der Liechtensteiner Grenze entlang auf unser Tagesziel, dem Vorder Grauspitz. Hier genossen wir eine herrlich sonnige Gipfelstunde und trugen uns gerne in das halbvolle Gipfelbuch von 1992 ein. Dieser Berg wurde wohl bisher noch nicht so oft bestiegen.
Wegen der langen Anfahrt hatten wir den slowenischen Triglav (2864m) in unseren Sommerurlaub 2015 geplant. Gespannt reisten wir nach Mojstrana und fuhren direkt in den Nationalpark Triglav, bis auf den Parkplatz der Aljažev Dom. Der großen Hitze wegen starteten wir um 4 Uhr. Wir wollten den Gipfel direkt und ohne weitere Hüttenübernachtung machen. In der noch kühlen Morgenluft kamen wir auf unserer Aufstiegsroute über den Tominšekweg gut voran. Es war ein wunderschöner und einsamer Aufstieg über sehr ursprüngliches Karstgebiet. Öfters war Hand am Fels gefragt, um gut über die Stufen zu kommen. Als wir an der Hütte vorbeikamen, dem Triglavski Dom, war klar, dass wir nicht alleine unterwegs waren. An dem teilweise Drahtseilversicherten Ostgrat reihten wir uns brav in die Völkerwanderung zum Gipfel ein. Trotzdem staunten wir nicht schlecht, als wir diesen dann erreichten und uns vielstimmiger Gesang einer großen Gruppe mit ausgebreiteter slowenischer Nationalflagge entgegenschallte. Die Slowenen lieben ihren Höchsten und wer kann, möchte einmal auf dem Gipfel stehen. Bergeinsamkeit war hier nicht zu finden. Aber es war eine wirklich schöne, fröhliche Stimmung und so erkundeten wir das Gipfeltürmchen Aljažev Stolp und freuten uns über unseren 5ten Summit.
Nach dem Triglav bot sich der Österreichische Großglockner(3797) quasi auf dem Weg an. Wir hatten uns vorgenommen diesen Summit auf seiner Himmelsleiter, dem Stüdlgrat zu erklimmen. Geplant war eine Übernachtung auf der Stüdlhütte, doch die war restlos belegt. Wir überlegten und fragten an der Erzherzog Johann Hütte an und konnten dort eine Nacht für den Abstieg buchen. So starteten wir wiederum sehr früh vom Parkplatz des Lucknerhauses aus und passierten die Stüdlhütte nur auf unserem Weg Richtung Einstieg. Zum Glück wurde es schon hell, als wir den Gletscher verließen. Anfangs ging es ohne Seil über Blockgelände, teilweise Pfad-ähnlich, meistens eindeutig manchmal schwierig zu finden. Am Frühstücksplatz seilten wir uns an. Nun wechselten sich gesicherte Seillängen mit leichteren Passagen am laufenden Seil ab. Auf dieser Tour hatten wir richtig Glück, dass uns das wiederholt fahrlässige Verhalten einer anderen Seilschaft nicht in einen Bergunfall verwickelt hat. Gerade an uns vorbeigelassen, stürzte einer von ihnen an der glatten drahtseilversicherten Rinne mindestens 10 Meter hinunter und an uns im Einstieg wartend vorbei. Als Mitbringsel prallte noch ein Stein auf meinem Helm ab. Zum Glück taugt das Zeug…
Bis sich die zum Glück fast unverletzte Seilschaft wieder aufgerappelt hatte, kletterten wir an ihnen vorbei und hatten sie lieber hinter uns. Bald konnte man das Gipfelkreuz sehen und wir freuten uns an der schönen, festen Kletterei. Den Gipfel hatten wir für uns, was für ein schöner Moment. Bald machten wir uns an den Abstieg durchs Glocknerleitl und konnten schon unsere Unterkunft für die Nacht sehen. Der Sonnenuntergang auf der Erzherzog Johann Hütte war die wunderbare Krönung einer richtig tollen Hochtour und dem Sechsten von Sieben.
Wie am Anfang des Berichts schon erwähnt, schlossen wir unsere Serie im Juli 2016 im Monte Rosa Massiv mit der Dufourspitze (4634) ab. Von Zermatt aus mit der ersten Gornergratbahn hinauf nach Rotenboden. Zunächst auf den Gornergletscher ab - und dann wieder auf die Monte Rosa Hütte aufsteigend. Eine tolle Hütte mit viel Komfort und einem exklusiven Panoramablick. Nachts um drei Uhr stiegen wir im Stirnlampenlicht zur Oberen Platje auf. Trotz unserer Ortskenntnisse vom Vorjahr ein hangeln von Steinmann zu Steinmann. In diesem Jahr stimmte einfach alles auf unserem Weg zum Gipfel. Das Wetter war traumhaft stabil und der Firn war fest, griffig und gut zu begehen. 1800 Höhenmeter mussten bewältigt werden. Unsere Steigeisen knirschten im Firn und wir passierten die verschiedenen Anhaltspunkte wie Scholle , Satteltolle und kamen letztendlich am steilen Firngrat der Dufourspitze an. Der Gipfelgrat ging in Fels über und wir sicherten am laufenden Seil mit Zacken und Felsvorsprüngen. Die Kletterschwierigkeit geht nicht über den dritten Grad hinaus, aber ist in Kombination mit der Höhe durchaus anspruchsvoll. Der Gipfel kam fast überraschend, das Gipfelkreuz, tief verschneit, fiel nicht gleich ins Auge. Doch dann waren wir begeistert von der grandiosen Rundumsicht bei herrlich blauem Himmel.
Dass wir somit unser Ziel erreicht und auf allen Sieben sehr unterschiedlichen Höchsten unserer Alpenländer gestanden hatten, konnten wir erst nachmittags auf der Sonnenterrasse der Monte Rosa Hütte realisieren. Was für ein Geschenk des Lebens, wenn man sich solche Ziele setzen kann und sie erreichen darf.
Ursula Felleisen und Holger Buck