Früh morgens trafen wir uns am Samstag, den 15. Juni vor dem DAV Zentrum in Karlsruhe, bereit für eine lange Fahrt mit dem Stadtmobil nach Österreich. Hinter München sammelten wir dann unsere letzte Mitwanderin ein, damit waren wir zu acht und bald konnte es losgehen. Wir stellten das Auto am Endpunkt der Wanderung ab und fuhren weiter mit dem Zug nach Semmering, hier stiegen wir vom Bahnhof auf zur Pension Edelweiss, wo wir die Nacht verbrachten.
Nach einem reichhaltigen Frühstück machten wir uns schon früh auf zur ersten Etappe, die auch direkt anspruchsvoll starten sollte: Ca. 23 km standen auf dem Programm und 1600 Hm. Der erste Teil des Tages führte uns meist durch dichte Nadelwälder, wobei dicht eigentlich alles heißen konnte, von “man konnte doch so einiges sehen“ bis zu “man musste über eine Masse an umgeknickten Bäumen und Unterholznachwuchs klettern“. Das war zum Teil bestimmt 2er Grad! Schließlich, nach bereits guten 20 km begann der Aufstieg auf die Rax, einem imposanten Massiv, das den Wienern als Hausberg dient. Hier hieß es nochmal Zähne zusammenbeißen und die letzten 700 Hm bis zur Hütte zu erklimmen, vorbei an Baumgrenze und in mehr alpine Höhe. Rechtzeitig zum Regen kamen wir im frisch renovierten und nachhaltig geführten Karl-Ludwig-Haus an.
Am nächsten morgen erwartete uns eine deutlich kürzere Strecke (13 km, 800 HM auf und ab). Zunächst führte der Weg über das Hochplateau der Rax, bis wir dem Gamsecksteig nach unten folgten, einer abenteuerlichen Passage mit Kettenversicherung, die uns mit ein wenig Klettersteig Feeling hinunter führte ins Tal zwischen Rax und Schneealpe. Nach dem Aufstieg auf die Schneealpe legten wir Rast am Lurgbauernhaus ein und ließen uns einen Apfelstrudel schmecken, bevor es über die Hochebene zum urigen Schneealpenhaus ging, eine wunderbare kleine Hütte, deren neue Wirte uns köstlich versorgten. Hier entschied sich Karin, dass die Tour aus gesundheitlichen Gründen für sie hier Enden würde, wir alle konnten mitfühlen, hatte Sie sich doch so auf die Tour gefreut.
Am 3. Tag erwartete uns die weiteste Etappe der Tour, etwa 28km sollten es bis Neuberg sein. Rosa und Luitgard entschieden, eine kürzere Variante zu nehmen, während der Rest von uns trotz der weiten Strecke sich den Ausblick vom Spielkogel nicht entgehen lassen wollte. So ging es am anderen morgen nur zu fünft los, zunächst auf den Windberg, den höchsten Gipfel des Schneealpemassivs und von da hinunter ins Tal. In einem großen Bogen folgten wir dem Weg zum Spielberg, den wir dann über einen wunderschönen alpinen Steig erreichten, bevor es an den langen Abstieg nach Neuberg ging. Die offizielle Etappe würde hier eigentlich schon in Krampen enden, aber die ausgeschriebenen Unterkunft war zu dieser Zeit nicht verfügbar, so ging es für uns weiter direkt nach Neuberg, vorbei an dem schönen Kloster, zu unserer Unterkunft, einer Pizzeria, die sich als wirklich gute (und gut schmeckende) Wahl heraus stellte. Am Ende des Tages waren wir dann bei etwas über 30 km und freuten uns, die Füße hochlegen zu können.
Früh am morgen des 4. Tages machten wir uns auf zum Aufstieg zum Graf Meran Haus. Auch hier erwartete uns 25km und 1500 Hm Anstieg. Die von uns gewählte Variante, um von Neuberg auf den E01 zurück zu kommen, führte uns gleich zu Beginn steil bergauf, bis wir eine angenehme Höhe erreicht hatten. An der Kleinveitschalm machten wir eine Pause und versuchten bei einem kühlen Getränk die Hitze zu vergessen. Allzu lang verweilten wir dann doch nicht, da sich in der ferne die ersten Wolken verheißungsvoll auftürmten. Weiter ging es auf schmalen Wegen und über Kuhweiden bergauf. Leider sahen die Kühe und ihre Kälber darin keine Unterschied und so kam es auf einem schmalen Weg, rechts und links eng bewachsen durch Latschen und anderes Unterholz zu einer Begegnung mit einer Kuh, die zu einem geprellten Oberschenkel und einem verstauchten Knöchel führte. Was, in Anbetracht der Situation, durchaus noch glimpflich war. Leider hatte uns dieser Vorfall einige Zeit gekostet (Kühe vertreiben, verarzten, durchschnaufen, etc.) und so türmten sich um uns nun doch ziemliche Wolkenberge und an den umliegenden Bergen sah man schon Blitze und Regen nieder gehen. Wir hatten noch immer 5km über eine Hochfläche vor uns. Also nahmen wir die Beine in die Hand und erreichten, bereits völlig nass, eine vor uns liegende, leider verschlossene Alm. Hier konnten wir uns unterstellen, bis das Gewitter vorbeigezogen war, anschließend machten wir uns auf zu dem nun doch schon nahen Graf Meran Haus. Die Wirtin empfing uns herzlich und feuerte den Ofen für uns an, so dass wir alles trocken konnten und uns mit Steierischen Spezialitäten wieder stärken.
Am nächsten morgen beschloss unsere Kuhgeschädigte Rosa, die nächste Etappe zu versuchen und so machten wir uns wieder auf. Zunächst ging es an einen langen Abstieg bis in die kleine Ortschaft Seewiesen. Hier gab es eine Pause, nach einem Abstieg über Asphalt verlangten die Füße einfach danach. Von hier eröffnete sich uns ein herrlicher Blick in das vor uns liegende Tal, durch das unser weiter Weg führte, bis ans Ende wo es entlang von Wasserfällen, trockenen Bachbett und schließlich über Schneefelder auf die Höllkampl Kuppe führte. Von hier konnten wir am hinteren Ende des Anschlusstals schließlich die Voisthaler Hütte sehen. Die Aussicht war wirklich idyllisch, umgeben von schroffen Kalkbergen, Schneefeldern und einem grün bewachsenen, engem Talboden. Nach dem noch einmal steilen Schlussanstieg waren wir dann an der Voisthaler Hütte und erholten uns von den Strapazen des Tages. Am Abend beschloss nun auch Rosa, den verfrühten Abstieg anzutreten und von der Hütte abzusteigen ins Tal, da ihr Bein nun doch stärker schmerzte. Sie wollte dann in Tragöß auf uns warten.
Wir anderen, nunmehr zu sechst, machten uns auf hinter der Voisthaler Hütte zum Hochschwab aufzusteigen. Über einige Schneefelder und vorbei an Herden von Steinböcken führte uns der Weg auf den höchsten Gipfel der Tour, den Hochschwab mit 2258m. Von den wohl 400 Steinböcken, die in diesem Gebiet leben sollen, sahen wir an diesem Morgen bestimmt 50. Vom Gipfel ging es dann über weites baumloses Gelände immer weiter auf dem Kalkstein Hochplateau und schließlich an den Abstieg, vorbei an der Häuslalmhütte bis zur Sonnschienhütte. Unseren letzten Abend verbachten wir in der großen Hütte bei wirklich gutem Essen und mit Nachricht von Rosa, dass die gut in Tragöß angekommen war und uns am nächsten Tag erwartete.
Morgens machten wir uns endgültig auf den Weg ins Tal. Die letzten acht Kilometer unseres ersten Jahres auf dem Nordalpenweg erwarteten uns. Wir stiegen ab mit herrlicher Aussicht in die auf dem Weg liegende Klamm und entlang eines Bachs bis nach Tragöß. Hier trafen wir uns mit Rosa wieder und machten uns für die Abfahrt bereit. Nach ein paar Stunden Autofahrt bei strömendem Regen kamen wir so nach einer guten Woche wieder wohlbehalten in Karlsruhe an.
Vielen Dank an Achim und Rosa für alles, das tolle Organisieren und Planen, die gute Führung und die allmorgendliche Pflege sämtlicher blasenschlagender Füße oder anderer Gebrechen :D
Merlin Seitz